Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren!
Liebe Mühlenfreunde!
heute ist für Hage ein besonderer Tag, nach vier Jahren ziert heute endlich wieder die Kappe mit ihren Flügeln die Hager Mühle. Das Bild von Hage ist wieder vollständig. Dass dieses freudige Ereignis mit einem Fest gebührend gefeiert wird, finde ich dem Ereignis angemessen und die Resonanz auf die Einladung beweist es. Dem Organisator, der Kurverwaltung Hage, vorweg ein herzliches Dankeschön.
Mindestens seit 1597 – also seit 400 Jahren – gibt es in Hage/Berum eine Mühle. lch muss Berum erwähnen, denn bis 1972 war Berum eine selbständige Gemeinde.
Die erste Mühle war eine einfache Bockwindmühle, die auf dem Grundstück westlich des jetzigen Schlosses Nordeck stand, auf der sogenannten Mühlenwarf. Die Mühle wurde 1703 erneuert. 1852 wurde diese Mühle abgebrochen und eine moderne Ständermühle errichtet.
So um 1864 kam der Müller Claas Hinrichs Bruns aus Mühlenloog als Pächter auf die Berumer Mühle. Der Besitzer der Mühle war hoch verschuldet und so sah sich Müller Bruns wegen der ungewissen Zukunft gezwungen, sich in Greetsiel eine Mühle zu pachten. Die Berumer Mühle ging in den Besitz des Dr. Edo Friedrich Peterssen über. Er konnte 1869 Müller Bruns in Greetsiel überreden, wieder die Berumer Mühle zu pachten. Er muss wohl ein guter Müller gewesen sein.
Müller Bruns musste nun beide Mühlen verwalten, da sein Pachtvertrag in Greetsiel erst 1871 endete. So ging er dann allwöchentlich zweimal den Weg über den Deich von Greetsiel nach Norden und weiter nach Hage hin und zurück (Anmerkung: Damals ein weiter Weg, denn den Störtebekerdeich gab es damals noch nicht), um nach dem Rechten zu sehen. 1871 zog er mit seiner Familie nach Berum.
Wenn er geahnt hätte, welch schwerer Schicksalsschlag ihm ein Jahr später zugefügt wurde, wer weiß, ob er sich so entschieden hätte. 1872 nämlich brannten infolge eines Blitzeinschlags die Mühle und auch das Wohnhaus total nieder. Der Besitzer wollte diese Mühle nicht wieder aufbauen. Er überließ es seinem Pächter auf einem Grundstück auf der anderen Seite der Hagermarscher Straße eine neue Mühle zu errichten. Vom alten Mühlenstandort kündet heute nur noch der Straßenname ,,Am Mühlenstück“.
Erbaut wurde die jetzige Mühle 1873 als ungewöhnlich hoher Galerieholländer mit vier Stockwerken. Die große Höhe war notwendig, damit die Mühle wegen der nahen Wälder freien Wind hatte. Doch schon 1880 wurde auch diese Mühle durch Blitzschlag ein Opfer der Flammen. Beim Wiederaufbau wurde sie noch um eine weitere Etage aufgestockt, da der wachsende Wald dies erforderte.
Seit dieser Zeit hat die Hager – damals Berumer – Mühle ihre jetzige Größe. Die Mühle misst bis zur Kappenspitze 30,20 m, bis zur großen Galerie sind es 17,05 m. Die Flügel haben einen Durchmesser von 24 m. Sie hat am Fuß einen Durchmesser von 11,00 m in Höhe der Galerie 8,60 m. Die Hager Mühle ist in ihrer Bauart die höchste, nicht nur in Ostfriesland sondern in ganz Europa.
Die beredte Geschichte der Mühle ist aber damit nicht beendet.
1904 wurde in einem Gewittersturm das Mühlenkreuz mit der Kappe heruntergerissen. 1908 erhielt die Mühle neue Flügel, um 1914 wurde der Antrieb auf Gasmotorenbetrieb umgestellt.
In den Jahren 1931/32 wurde ein neuer Speicher gebaut. Im inneren höheren Teil wurde später eine moderne Weizenmühlenanlage erstellt. Diese Produktion wurde bis in die 60-er Jahre aufrechterhalten. Dann fiel auch die Hage/Berumer Mühle dem Wirtschaftlichen Rückgang im Mühlengewerbe zum Opfer, wie fast alle in Ostfriesland.
Nach Claas Bruns Wurde die Mühle von seinen Nachfolgern Johann Bruns, Heyno Bruns und Haat Kromminga betrieben. 1965 wurde die Mühle von der Schelten-Peterssenschen Verwaltung zurückerworben.
Auch die jetzt abgeschlossene große Restaurierung der Mühle hatte seinen Anfang in einem Gewittersturm. Am 12. Juli 1992 wurde die Windrose vom Sturm zerstört. Die Kappe saß fest und die Flügel konnten nicht mehr in den Wind gedreht werden, was aus statischen Gründen unabdingbar ist. Zu reparieren war das nicht.
Die Kappe musste im Oktober 1993 abgenommen werden.
Und wie das so ist, wenn man richtig und genau hinsehen kann, werden schadhafte Stellen auch dort entdeckt, wo man sie nicht vermutet.
Nach vielen Mühen und großem finanziellen Aufwand ist die Mühle nun doch endlich wieder hergestellt und das vielfotografierte Wahrzeichen von Hage/Berum erstrahlt vollständig im alten Glanz.
Das hat natürlich viel Geld gekostet. Mehr als eine halbe Million DM sind in den vergangenen vier Jahren verbaut Worden. Einige haben dazu beigetragen, diese stolze Summe aufzubringen, und zwar:
der Mühlenbeirat des Landkreises 100.000,– DM,
das Amt für Agrarstruktur (Dorferneuerung) 107.000,– DM,
die Gemeinde Hage hat 50.000,– DM,
die Toto-Lotto-Stiftung ebenfalls 50.000,– DM und
die Stiftung der Volks- und Raiffeisenbanken 15.000,–DM.
Den Löwenanteil hat der Eigentümer, die Schelten-Peterssensche Verwaltung aufgebracht.
Dass der Besitzer dieser Mühle eigene Kosten nicht scheut, um dieses Wahrzeichen und Baudenkmal für Hage zu erhalten, bedarf einer besonderen Erwähnung und ist in der heutigen Zeit nicht mehr selbstverständlich.
Die Mühle und ihre Nebengebäude haben keinerlei wirtschaftliche Bedeutung mehr. Sie sind Baudenkmale, die an eine vergangene Epoche des Wirtschaftens erinnern und sie sind Wahrzeichen, die zum Erscheinungsbild Hages einfach dazugehören. Den Hagern liegt viel an dieser Mühle und sie haben den schönen Anblick lange Zeit sehr vermisst. Das ist mir deutlich geworden, durch viele besorgte Fragen.
Die Hager können froh und stolz sein, mit der wiederhergestellten höchsten europäischen Mühle ein Denkmal zu haben, dass sie durch ihren Anblick erfreut und einen Anstoß geben kann, nachzudenken und sich zu erinnern. Erinnern an die Geschichte und an alte Geschichten.
Und sie können sich darauf freuen, die Mühle näher kennen zu lernen. Sie wird bis zur Galerie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. An diese Zusage hat der Rat des Fleckens Hage die Zuschüsse der Gemeinde gebunden.
Leider hat die Mühle ihr altes Mahlwerk nicht mehr. Es wurde bedauerlicherweise in den 60-er Jahren ausgebaut. Aber ich glaube es lohnt sich trotzdem, aus mehr als 17 m Höhe von der Galerie auf Hage und Umgebung herabzublicken.
Beteiligt an der Restaurierung der Hager Mühle waren viele Fachfirmen, die ihr handwerkliches Können an diesem Objekt unter Beweis gestellt haben.
Die Fa. Möller, Melle, Restaurierung des Achtkants und der Kappe
Die Fa. Böök, Dunum, Herstellung der Galerie
Fa. de Boer, Hage, Sanierung des Mauerwerks
Fa. Bold, Norden, Fenster und Tore
Fa. Uphoff, Norden, Klempnerarbeiten
Fa. Freese, Norden, Maler- und Imprägnierarbeiten
Fa. Bauermann, Aurich, Blitzschutzanlage
Die Bauaufsicht und die fachliche Beratung lagen in den kompetenten Händen von Thorsten Scheweling aus Marienhafe.
Mit viel Liebe zum Handwerk, symbolisiert durch das Herz an der Mühlenkappe, wurden die Arbeiten ausgeführt. Und mit welcher Präzision sie ihr Werk vollbracht haben, können wir heute Vormittag verfolgen, als unter vielen gespannt schauenden Besuchern die Kappe mit ihren rd. 17 t von einem Kran wieder aufgesetzt wurde. Ein unvergessenes und vieldokumentiertes Ereignis.
Das war eine Spitzenleistung.
Wie wichtig die Hager Mühle auch für den Fremdenverkehr ist, praktisch als Markenzeichen von Hage, hat die Kurverwaltung mit der Organisation dieses Mühlenfestes deutlich gemacht. Ich bedanke mich dafür bei der Kurverwaltung.
Ebenso bedanke ich mich bei den mitwirkenden Musikgruppen, der Singgemeinschaft Hage, den Hager Hobbymusikanten, dem Shanty-Chor Berumbur und dem Berumburer Blasorchester. Sie alle haben auf ihre Gage verzichtet und stellen sie für den Erhalt der Hager Mühle zur Verfügung. Eine noble Geste, für die ich ebenfalls ein herzliches Dankeschön sage und die Applaus verdient.
Der Hager Männerchor wäre auch heute hier gerne aufgetreten. Sie sind aber leider durch einen anderen, langfristig geplanten Termin gebunden.
Ich bedanke mich natürlich auch beim Heimat- und Kulturverein, der mit seinem Stand ebenfalls zum Erhalt der Mühle beiträgt.
Ich wünsche der Mühle, dass sie uns lange erhalten bleibt und die künftigen Gewitter und Gewitterstürme unbeschadet übersteht. Der Fuchs, der aus der Kappe rennt, gibt uns Hoffnung. In der Symbolik der Mühlenbauer nimmt ein herausrennender Fuchs das Feuer mit sich. Würde er hineinrennen, brächte er den zum Mahlen notwendigen Wind. Da die Hager Mühle ohne Mahlwerk ist und angesichts früherer Schicksalsschläge ist wohl besser, er rennt heraus.
Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, wünsche ich noch ein schönes Fest und gute Unterhaltung.