Gedenkstunde zum Volkstrauertag in Hage

In Hage findet alljährlich zum Volktrauertag eine Gedenkstunde zum Gedenken an die Gefallenen der Weltkriege und bewaffneter Konflikte statt. Nach dem Gottesdienst treffen sich die Feuerwehrkameraden einschließlich Kinderfeuerwehr, Vereine und Bürgerinnen und Bürger auf dem Marktplatz und laufen entlang der Hauptstraße zur Gedenkstätte am Hager Friedhof. Traditionell halten die Bürgermeister im Turnus die Gedenkrede (Samtgemeindebürgermeister und fünf Bürgermeister der Gemeinden). Zum Volkstrauertag am 19. November 2023 sprach Bürgermeister Udo Schmidt, Berumbur. Die Rede ist hier abgedruckt. Es gilt das gesprochene Wort.

Gedenkstunde zum Volkstrauertag in Hage am 19.11.2023

 

„Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Bürgerinnen und Bürger!

Ich begrüße Sie herzlich zu unserer Gedenkveranstaltung am Volkstrauertag 2023 und danke Ihnen, dass Sie der Einladung gefolgt sind!
Ist unser gemeinsames Gedenken am Volkstrauertag noch zeitgemäß?
Was wollen wir mit diesem Gedenktag eigentlich erreichen?

Ein jüdisches Sprichwort besagt:
“Menschen, die man vergisst, sterben ein zweites Mal“.

Auf die Frage, ob der Volkstrauertag noch zeitgemäß ist, kann es nur ein klares „ja“ geben.

Bis zum 24. Februar 2022 meinten wir, Europa sei kriegsfrei. Wenigstens seit 2001, dem Ende der Kriege im ehemaligen Jugoslawien. Doch nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine ist nichts mehr so, wie es vorher war.

Wieder einmal starben und sterben tausende Soldatinnen, Soldaten und unschuldige Frauen, Kinder, alte und junge Menschen. Und dieses Mal trifft uns der Krieg auch direkt. Seine Auswirkungen reichen bis Deutschland, bis Ostfriesland, bis in den Landkreis Aurich.

Über eine Million Ukrainerinnen und Ukrainer finden bei uns eine Unterkunft. Und das ist gut so. Doch wie geht es weiter. Abgesehen von den unermesslichen menschlichen Tragödien, führen die mit dem Krieg verbundenen wirtschaftlichen Verflechtungen auch bei uns zu zahlreichen Engpässen. Ja, wir spüren den Krieg bis zu uns, bis zum Bezahlen an der Kasse. Teuerungen vom Gas bis zu den Lebensmittelpreisen zeigen uns tag-täglich ebenfalls die Unvernunft kriegerischer Auseinandersetzungen.

Doch nicht nur Ukrainer suchen Schutz bei uns in Deutschland und damit auch in unserer unmittelbaren Umgebung.

Verfolgung, Hunger und Armut, aber auch Naturkatastrophen in asiatischen und afrikanischen Ländern führten dazu, dass im Jahre 2022 etwa 2,7 Millionen Einwanderer nach Deutschland kamen. Auch wenn man die etwa 1,2 Millionen Abwanderer abzieht, bleiben 1,5 Millionen, von denen die Meisten in Deutschland bleiben wollen. Seit 2018 sind es etwa 8 Millionen. Und die Zahl steigt weiter. Das führt auch dazu, dass unsere sozialen Errungenschaften ins Wanken geraten. Bei noch so viel Toleranz und Verständnis für die Situation der Einwanderer muss man aber auch klarsehen, die Emigration muss gestoppt werden. Wenn man das in Deutschland sagt, wird man leicht in die rechte politische Ecke gestellt. Es hat damit aber gar nichts zu tun. Man braucht nicht lange zu rechnen, um festzustellen, dass Deutschland damit überfordert ist.

Die Politik hat bisher noch kein Konzept, wie diese Einwanderung gestoppt werden kann. Auch Europa ist sich nicht einig. Nationalistische Tendenzen wie beispielsweise in Polen, Ungarn und neuerdings auch Italien und Tschechien sollten uns warnen. Und auch in Deutschland ist ein starker rechter Trend festzustellen. Das sollte uns Warnung genug sein. Fest steht aber auch, so kann es nicht weitergehen. Seit Mitte September schauen wir wieder besorgt auf Israel. Das unmenschliche Töten und Verfolgen nehmen kein Ende. Ist dort keine Versöhnung möglich? Ich möchte sagen: Ja, sie ist möglich. Auch dort.

Obwohl Vergleiche immer etwas hinken, möchte ich Deutschland und Frankreich als Beispiel nennen. Besonders im 19. und 20. Jahrhundert sprach man von Erzfeinden, wenn man über das Verhältnis der beiden Länder zueinander sprach. Erzfeinde! Was für ein schreckliches Wort. Mittlerweile hat die Vernunft gesiegt und heute reden wir von der deutsch-französischen Freundschaft. Beide Länder stehen Seite an Seite, wenn es um Europa, aber auch in der Welt geht.

Wäre das auch zwischen Israelis und den Palästinenser möglich? Vielleicht, wenn man den Extremisten auf beiden Seiten Einhalt gebieten könnte. Hoffen wir einmal darauf.

Was hat das nun mit dem Volkstrauertag zu tun?

Immer wieder eskalieren lokale Konflikte zu überregionalen Brandherden, die wieder vielen Menschen das Leben kostet oder sie aus ihrer Heimat vertreibt. Der Volkstrauertag mahnt und erinnert uns daran, wie in der Vergangenheit solche Konflikte und Brandherde endeten. Das dürfen wir nie vergessen. Lasst uns aller im Krieg getöteten, gleich ob Soldaten, Frauen, Männer und Kinder gedenken. Gleich welcher Nationalität, Hautfarbe oder Religion. Nicht nur der Getöteten der letzten Kriege, sondern auch der Getöteten der letzten Monate, Wochen, gestern und heute.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir stehen hier und jetzt vor diesem Gedenkstein zu Ehren der Gefallenen aus dem ersten Weltkrieg. Gefallenen aus den Mitgliedsgemeinden Berumbur, Hagermarsch, Lütetsburg, Halbemond und Hage. Wir verneigen uns zu ihrem Gedenken, an ihren Tod. Auch ich habe einen Großonkel, der hier auf dem Gedenkstein mit Namen erwähnt ist. Sehr geehrte Damen und Herren, als das Magda-Heyken-Haus, also unser Heimatkundemuseum, aufgelöst wurde, hat man mir eine Gedenktafel der gefallenen Soldaten von Berumbur überreicht. Die Tafel habe ich in die Obhut der Kirche gegeben, und denke, da ist sie in guten Händen! Ich habe die Tafel heute mitgebracht und lade Sie herzlich ein, diese anzusehen!

Meine Damen und Herren,

ich bedanke mich bei Ihnen!“