
Begrüßungsworte sprachen Hans Forster (DGB Norden), Torsten Hasenpusch (IGM Wohnbereich Norden) und Dolly van Gerpen (VERDI Norden, Aurich und Wittmund).
Eine eindrucksvolle 1.Mai-Rede hielt Prof. Dr. Carsten Müller, Professor für Gesellschafts- und Sozialpolitik im Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit an der Hochschule Emden/Leer.
Aus den Worten lassen sich auszugsweise einige Kernaussagen zusammenfassen:
Die Gewerkschaften sind starke Akteure, wenn es darum geht, den Zusammenhalt in unseren Gesellschaften zu stärken. Denn dieser Zusammenhalt scheint in einer globalisierten Welt in Gefahr, die das Soziale dem Marktgeschehen unterordnet.
Deshalb ist das diesjährige Motto des DGB zum ersten Mai treffend: „Europa. Jetzt aber richtig!“, denn das richtungweisende Motto hebt den Blick auf eine europäische und damit weitere Perspektive.
Nach zweitem Weltkrieg und der Nazidiktatur gab und gibt die europäische Idee den Menschen Hoffnung auf Sicherheit und dauerhaften Frieden. Eben deshalb dürfen wir uns nicht in eine neue Aufrüstungsspirale (mit dem fragwürdigen Ziel: 2% vom BIP) zwingen lassen. Wir brauchen ein Europa, das aufgrund historischer Erfahrungen – gerade in Deutschland – humanitäre Verantwortung übernimmt, Konfliktprävention betreibt sowie für soziale Gerechtigkeit, die hilft Konfliktursachen abzubauen, eintritt.
Europa ist richtig, weil wir in der globalisierten Welt ein föderales wie demokratisches Europa mehr denn je brauchen. Denn kein Mitgliedsland der Europäischen Union kann die großen Herausforderungen unserer Zeit, ob Arbeitswelt 4.0, Digitalisierung und künstliche Intelligenz, Umgang mit multinationalen Konzernen, Einwanderung oder Umwelt- und Klimaschutz, aus sich heraus und für sich alleine bewältigen. Diese Probleme kennzeichnen ja gerade, dass sie eben keine nationalstaatlichen Grenzen mehr kennen. Die Antworten müssen also auch über nationale Grenzen hinausgehen.
Es geht um Solidarität, um ein solidarisches Europa und nicht um die Verlängerung der Konkurrenz.
Europa ist richtig, weil Europa nur gemeinsam auch ökonomisch stark sein kann. Die deutsche Wirtschaft profitiert deutlich von Europa: Jährlich gehen 60%der Exporte in andere EU-Länder und 30% der deutschen Arbeitsplätze sind davon abhängen. Dies bedeutet: Europa sichert Beschäftigung.
Wenn alle für sich jeweils „Greatbritain first“, „Deutschland zurerst“, „France d’abord“, „España primero“ oder „Prima l’Italia“ usw. proklamieren, werden einige auf der Strecke bleiben und keiner schlussendlich gewinnen. Deshalb brauchen die Gewerkschaften europäische Ideen, wie die Lebens- und Arbeitsbedingungen aller Beschäftigten in Europa verbessert werden können. So wie das Kapital vor keinen Grenzen hat macht, so muss auch die Solidarität der Beschäftigten internationalisiert werden. Dazu ist die Perspektiverweiterung auf Europa unter dem Motto „Europa. Jetzt aber richtig!“ ein guter Schritt.
Eine Grundregel für eine neue europäische Solidarität könnte sein: Der freie Markt darf nicht länger gegen Rechte – d.h. individuelle, politische, soziale und ökologische Menschenrechte – ausgespielt werden. Aus einem rein wirtschaftlichen Europa muss ein menschenrechtliches Europa werden, auch im Wirtschaftssektor!
Die Fridays-for-Future-Bewegung hat dies erkannt: Rein ökonomisches Wachstum, dessen Motor weiterhin die fossilen Brennstoffe sind, wird auf Kosten unserer aller Lebensgrundlagen gehen und ist deshalb existentiell bedrohend. Hier müssen wir gegen- und umsteuern.
Gleiche Arbeit muss annähernd gleich bezahlt werden! Ausdrücklich richtig ist auch die Forderung nach Erhalt der Tarifbindung und Bekämpfung der Tarifflucht durch eine staatliche Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen. Alle Menschen haben ein Recht auf Teilhabe und Anerkennung.
Gegen die Tarifflucht empfiehlt der DGB eine staatliche Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen. Eine höhere Tarifbindung ist ein wesentlicher Schlüssel für gleichwertige Lebensbedingungen in Deutschland, in Ost wie West, in Nord wie Süd.
Die „neue Rechte“ versucht Kapital zu schlagen, indem sie die Sorgen der Menschen instrumentalisiert, deren Egoismus vereinnahmt und diskriminierend gegen Minderheiten, besonders gegen Einwanderung wendet.
Sie verfolgt nicht weniger als eine „konservative Revolution“, die unsere Gesellschaft bereits verändert hat. In ihr trifft sich neoliberales Denken mit autoritärem Nationalismus.
Der Vortragstext der Hauptrede kann direkt von Prof. Müller angefordert werden.
Hier kommen Sie zum Bericht des Kurier vom 2.5.19 über die Maikundgebung,
hier zum Bericht über den Vortag (Aufstellen der Maibäume).

